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Ansicht Straßenfassade

[ Bauen im Bestand I ]

Balkon-Szene

Eine individuelle Lösung für nachträglich angebrachte Balkone an Altbauten

Dezent eingefügt: Die neuen Balkone sollten die strenge Architektur des Hauses auflockern, ohne überladen zu wirken.

Von Marion Goldmann

Das vierstöckige Haus in Berlin-Charlottenburg stammt aus dem Jahr 1938 und ist ohne Balkone gebaut. Jetzt wird das ehemals als Kita und zum Wohnen genutzte Gebäude zu einem Zentrum der Schwulenberatung und für Wohnungen umgebaut. Im Wesentlichen werden dazu die Grundrisse den neuen Nutzungen und der Baukörper zeitgemäßen Standards angepasst. Den Auftrag dafür erhielten roedig.schop architekten aus Berlin. Ihre Aufgaben bei Planung und Bauleitung umfassten auch nachträglich anzubringende Balkone. Sie sollten nicht nur mit der Bestandsarchitektur harmonieren, sondern auch einen möglichst schwellenlosen Austritt erlauben. Die barrierefreie Zugänglichkeit war gefordert, da das gesamte Haus für generationsübergreifendes Wohnen realisiert wird und im zweiten Geschoss eine Wohngemeinschaft für demenzkranke schwule Männer entsteht.

Konstruktion: Stahlträger unter der Decke

Ursprünglich befanden sich auf jeder Etage vier größere Wohnungen. Die neue gemischte Wohntypologie und die Ausrichtung auf sozial Schwache spiegeln sich jetzt im Wohnungsschlüssel mit 24 Ein- bis 1,5-Zimmer-Wohnungen wider. Die barrierefreie Zugänglichkeit im Inneren wurde für das Haus durch den Einbau eines Aufzugs hergestellt. Zusätzlich war für die Balkone eine individuelle Lösung zu finden. Ulrich Schop: „Die vorhandenen Stahlsteindecken ließen die Befestigung einer auskragenden Konstruktion nicht zu.“ Da sich auf der Hofseite ein vorgezogener Saalbau mit begehbarer Dachfläche befindet, waren auch keine vor die Fassade gestellten Balkone möglich. Zudem sind sie nutzungsbedingt nur vom zweiten bis zum vierten Geschoss notwendig.

Die Veränderung der Grundrisse forderte unter anderem neue Trennwände, diese wiederum verlangten die Verstärkung von ­Geschossdecken. Zur Lastabtragung wurden unterhalb der Decken Stahlträger eingezogen und diese – thermisch getrennt – durch die Fassade herausgeführt. Sie bilden das Auflager für die Balkone. Aufgrund der Position der Stahlträger unterhalb der Geschossdecke entstand allerdings ein etwa 20 Zentimeter großer Höhenversprung, der nun bis zur Balkontür ausgeglichen werden musste (Aufbau siehe Zeichnung). Trotz dieses relativ hohen Aufwandes sei diese ­Lösung im Vergleich zu den Alternativen die wirtschaftlichste gewesen, erklären die Architekten – ein entscheidender Punkt, denn das Baubudget liegt aufgrund der Finanzierung aus Lotto- und Spendenmitteln am unteren Limit.

Gestaltung: Durchblick nur von oben

Die gewählte Stahlträger-Lösung kam auch der gewünschten Fassadengestaltung sehr entgegen. So war eine gezielte Positionierung der Balkone möglich, die das strenge äußere Erscheinungsbild des Gebäudes auflockert, ohne überladen zu wirken. Ein Lichtband im Dachgeschoss und drei Balkone sind die neuen Elemente der Straßenfassade. Damit die Balkone optisch zurücktreten, sind deren Brüstungen an der Vorderseite bis über den hohen Fußbodenaufbau hinweg mit einem verzinkten, wellenförmig geweiteten Stahlblech geschlossen. Dessen filigranes Öffnungsraster erlaubt dem Nutzer den Blick nach unten; Passanten bleibt dagegen der Einblick nach oben verwehrt. Ein weiterer Vorteil: Individueller Sichtschutz, der das Fassadenbild stören würde, ist nicht mehr nötig.

Bei der Hoffassade war es aufwendiger, zu einer überzeugenden Lösung zu gelangen. Der ebenerdig vorgezogene Saalbau, zwei Treppenhäuser und verschiedene Fensterformate gliederten bereits diese Seite des Gebäudes. Christoph Roedig: „Wir mussten die Balkone als neues zusätzliches Element in einen eigenen Rhythmus bringen, der den Bestand möglichst wenig stört.“ Dem Psychosozialen Zentrum für Schwule war ein einheitliches Fassadenbild auch hier wichtig. Der Garten des Hauses ist ein halböffentlicher Bereich, da ihn die Gäste des Cafés im Erdgeschoss nutzen. Die Hofseite ist zugleich die Südseite; und die Mehrzahl der Balkone ist hierhin orientiert.

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