Von Marian Behaneck
CAD-Software für die Planung und AVA-Software für die Ausführung rücken zusammen. Wo sie zusätzlich mit einer Bauteildatenbank gekoppelt werden, sind zum Beispiel präzise Kostenvorhersagen möglich. Dazu gibt es unterschiedliche herstellerspezifische Ansätze wie Design2Cost, RIB iTWO oder Tango. Und nicht nur das: Teilweise überwachen die Programme kontinuierlich, ob sich tatsächliche Kosten im geplanten Rahmen entwickeln, ob Kosten überschritten werden und, wenn ja, wo. CAD und AVA haben sich als „digitale Kostenmanager“ bewährt – und das trotz einiger Probleme bei der Entwicklung und Nutzung aktueller Lösungen, etwa durch von CAD nicht erfassbare Bauteile, mehrschalige Wände oder mehrfache Planungsänderungen. Auch planungsbedingte Hürden sind noch zu überwinden, wie etwa die gleichzeitige Entwurfsplanung und Ausschreibung oder die in den Büros häufig verbreitete personelle Arbeitsteilung in CAD und AVA. Der nächste Schritt wird das Web-basierte Projekt- und Kostenmanagement sein, bei dem alle Projektbeteiligten termin- und kostenrelevante Informationen einpflegen, sodass Termin- und Kostenüberschreitungen noch schneller erkannt und wirkungsvolle Gegenmaßnahmen ergriffen werden können.
Eine zunehmend entwurfsbestimmende Rolle spielt die Energieeffizienz. Bisher ließ sich nur mit viel Zeit- und Rechenaufwand ermitteln, welche Faktoren sich wie auf die Energiebilanz auswirken: die Gebäudeausrichtung, Gebäudeform und Gebäudezonierung, die Raumanordnung oder die Größe und Ausrichtung von Fenstern. Neue Softwarewerkzeuge ermöglichen eine in den Entwurfsprozess integrierte „Echtzeit-Analyse“ der Energiebilanz eines Bauvorhabens und eine qualitativ und quantitativ nachvollziehbare energetische Optimierung von Gebäudeentwürfen. In CAD integrierte Werkzeuge wie Ecotect Analysis, EcoDesigner, Energieindikator oder EcoLine sollten in den Planungsbüros zum Standard werden.
Einbinden ins BIM
Der derzeit wichtigste Impulsgeber für CAD ist das von Autodesk geprägte Building Information Modeling (BIM). Es steht für die durchgängige Integration planungs-, ausführungs- und nutzungsrelevanter Gebäudedaten in einem zentralen Gebäudedatenmodell (siehe auch DAB 6/10, S. 30). BIM soll nicht nur die Entstehung des Gebäudes unterstützen, sondern für seinen gesamten Lebenszyklus von Nutzen sein – von der Konzeption über die Konstruktion, Fertigung und Wartung bis zur Entsorgung respektive Wiederverwertung der Baustoffe. Hier hinkt der Baubereich anderen Branchen noch um Jahre hinterher – etwa bei der Effizienz der Prozessabläufe oder dem Grad der Automatisierung anderer Industriezweige. Prozessmanagement, Simulation oder „just in time“ sind vielfach noch Fremdworte. Auch einige CAD-Lösungen (teilweise aber auch deren Anwender) bedürfen noch der Weiterentwicklung, denn noch immer werden Pläne zeichnungsorientiert erstellt, Daten aufgrund von Schnittstellenproblemen mehrfach eingegeben sowie Geometrie- und Objektdaten getrennt gehalten. CAD muss hier besser in den Gesamtprozess eingebunden werden – etwa über sogenannte BIM-Server von BIMserver.org, Graphisoft, Autodesk und anderen. Sie ermöglichen die parallele Bearbeitung von BIM-Datenmodellen mehrerer Bearbeiter mit Programmen verschiedener Software-Hersteller und von unterschiedlichen Standorten aus.
BIM ist aber mehr als nur ein Umstieg von einem CAD auf das andere. Es fordert Planern neue Arbeits- und Denkweisen ab. So muss man beispielsweise schon in früher Projektphase viel Zeit in das 3-D-Modell investieren, ohne sofort den unmittelbaren Nutzen erkennen zu können. Aufbau und Pflege eines BIM-Datenmodells sind ferner erheblich aufwendiger als bei der zeichnungsorientierten Arbeitsweise. Das BIM-Modell setzt beispielsweise mehr Informationen über Bauteilaufbau, Materialien, Technik und mehr voraus, die zum Planungszeitpunkt häufig noch nicht feststehen. Darüber hinaus erfordert die Arbeit mit der BIM-Software eine enge gewerk- und disziplinübergreifende Zusammenarbeit, denn jede Aktion hat Auswirkungen auf die Arbeit anderer. Insbesondere muss die Struktur des Modells durchgängig und einheitlich sein. Deshalb müssen Absprachen und Vorgaben eingehalten und Arbeitsschritte abgestimmt werden.
Kreatives Chaos
CAD beeinflusst den architektonischen Entwurf immer stärker. Bis vor wenigen Jahren waren die aufsehenerregenden Formen eines Gehry, Nouvel oder einer Hadid mit konventionellen Mitteln schlicht unplanbar. Zu komplex war die Geometrie, zu aufwendig die zweidimensionale Plandarstellung mehrfach gekrümmter Flächen. Jetzt eröffnet das sogenannte „generative Design“ (auch „Computational Design“ genannt) bisher ungeahnte Möglichkeiten bei der Formfindung und Konstruktion. Dahinter steckt ein neuer Ansatz zur Beschreibung dreidimensionaler Formen: Komplexe 3-D-Modelle werden nicht, wie in den meisten CAD-Programmen üblich, durch eine Verscheidung geometrischer Grundkörper oder ein Netz von Dreiecken, Punkten oder Flächen definiert, sondern durch mathematische Funktionen beschrieben. Überlagert werden die daraus resultierenden Algorithmen mit regelbasierten Prozessen, die Eingriffsmöglichkeiten zur experimentellen Veränderung der Objektparameter ermöglichen. Das erzeugt innerhalb geordneter Strukturen das nötige „kreative Chaos“, das die Gesamtform interessanter macht. Schon seit Jahren werden entsprechende Programme oder Module offeriert (Generative Components, Grashopper etc.), die es auch weniger Geübten erlauben, komplex geformte 3-D-Objekte relativ einfach zu beschreiben. Inzwischen hat sich die auf mathematischen Algorithmen basierende Entwicklung neuer Formen und Strukturen zu einer eigenen Designgattung mit einer eigenständigen Formensprache entwickelt. Noch müssen generative Designobjekte zur Weiterbearbeitung an konventionelle CAD-Programme übergeben werden. Mittel- und langfristig wird die generative Konstruktion aber zu einem Bestandteil von CAD-Programmen werden.
Heiter bis wolkig
Auch im Baubereich wird es immer wichtiger, Daten mobil zu erfassen und zu verarbeiten. Der digitale Austausch von Informationen zwischen Büro, Baustelle und Projektpartnern spart Kosten und verbessert die Terminsicherheit von Planungsleistungen. Mit mobilen Rechnern und drahtlosen Kommunikationstechnologien lassen sich beispielsweise CAD-Aufmaße an Ort und Stelle erstellen und ins Büro senden. Eine erweiterte Form mobilen Arbeitens ermöglicht die sogenannte „Cloud“: In der „Wolke“ sind Programme und Daten nicht mehr auf der Festplatte des eigenen PCs gespeichert, sondern irgendwo auf Servern abgelegt. Der Vorteil: Die Nutzer von Programmen, Daten, Speicher- oder Rechenkapazitäten können auf all das unabhängig von der eigenen Plattform sowie von Ort und Zeit zugreifen. Möglich ist das auf mobilen PCs oder Smartphones unterwegs, vom Kunden aus oder im Urlaub, sofern eine ausreichend schnelle, mobile Internetverbindung vorhanden ist. Auch die Zusammenarbeit räumlich getrennter Projektteams wird einfacher: Arbeiten mehrere Personen gleichzeitig an einem Projekt, muss man Dokumente nicht mehr umständlich per E-Mail hin- und herschicken. Alle Beteiligten greifen auf dieselben Inhalte zu und jede Änderung wird sofort sichtbar.
CAD-Anbieter wie Autodesk, Graphisoft, Nemetschek, RIB und andere sind unterschiedlich weit mit der Realisierung der Cloud. So ermöglicht die kostenlose App AutoCAD WS von Autodesk, Entwürfe und DWG-Daten über das Internet sowie mobile Geräte anzuschauen, zu bearbeiten und mit anderen zu teilen. Auch das internationale Portal Allplan Connect von Nemetschek bietet als zentrale Kommunikationsplattform für den zeit- und ortsunabhängigen Daten- und Informationsaustausch einen Vorgeschmack darauf, welche Vorteile die Cloud bietet. In der Branche gilt Cloud-Computing derzeit als wichtigstes Trendthema, das auch die Bausoftware gründlich verändern wird. Doch noch haben potenzielle Anwender massive Vorbehalte im Hinblick auf Datensicherheit, Verfügbarkeit oder die Schnelligkeit der Netzverbindungen.
Kampf dem Mausarm! Ungelöst ist nach wie vor der gesundheitliche Aspekt von CAD. Hört und sieht man sich in den Planungsbüros, Arztpraxen und CAD-Anwenderforen um, häufen sich bildschirmarbeitsplatzbedingte Krankheitsbilder. CAD-Arbeitstage enden regelmäßig mit verspannten Schultern, einem steifen Nacken, brennenden Augen, Kopfschmerzen, Rückenproblemen und einem schmerzenden „Mausarm“. Ursache ist die durch die typische CAD-Haltung bedingte einseitige Belastung. Sie kann unter anderem das sogenannte RSI-Syndrom (Repetitive-Strain-Injury-Syndrom) auslösen, das sich durch chronische Schmerzen des Armes und der Hand bemerkbar macht. Neue Hardware und neue Bedienungskonzepte sind gefordert. Einen Weg weist das von Nemetschek angestrebte „Zeichnen mit dem Finger“. Die direkte Eingabe per Fingergesten könnte die unnatürliche Maushaltung teilweise überflüssig machen und CAD wieder zu den Ursprüngen zurückführen: dem Zeichnen am großformatigen digitalen Zeichentisch mit digitalem Lineal und Zeichenstift.
Marian Behaneck ist freier Fachjournalist in Jockgrim (Pfalz).
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