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[ Schwerpunkt: Recht ]

Mehr Verbraucher-Rechte – mehr Architekten-Pflichten

Private Bauherren müssen künftig vor Abschluss des Architektenvertrags genauer informiert werden - und können leichter den Vertrag widerrufen

Text: Fabian Blomeyer

Am 13. Juni tritt die Umsetzung der europäischen Verbraucherrechte-Richtlinie in Kraft. Nunmehr sind zum Schutz von Verbrauchern im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sowie im Einführungsgesetz zum BGB umfangreiche Informationspflichten und Hinweise auf Widerrufsmöglichkeiten für alle Verträge vorgesehen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden.

Bundes- und Länderarchitektenkammern haben sich vehement dagegen ausgesprochen, solche umfangreichen Widerrufsrechte, wie man sie vom Internethandel kennt, auch auf Architektenverträge zu übertragen. Anders als bei Bauverträgen mit größerem Bauvolumen hat der Gesetzgeber für Architektenverträge allerdings keinerlei Ausnahmen vorgesehen. Damit unterliegen sämtliche Verträge mit Verbrauchern, die nicht in den Geschäftsräumen abgeschlossen werden, einem allgemeinen Widerrufsrecht. Darüber hinaus müssen Architekten bauwillige Verbraucher bereits im Vorfeld umfangreich über bestimmte Hintergründe des zu schließenden Vertrages und die Bürodetails informieren.

In der Praxis dürften recht viele Büros und Freiberufler von dieser Neuregelung betroffen sein. Es ist ja durchaus üblich, dass ein Vertrag beispielsweise in den Privaträumen eines Auftraggebers oder auf dem potenziellen Baugrundstück geschlossen wird. Mit den Konsequenzen der neuen gesetzlichen Vorgaben hat sich eine Arbeitsgruppe der Bundesarchitektenkammer intensiv beschäftigt und Hinweise erarbeitet.

Welcher Bauherr ist Verbraucher?

Betroffen sind nur Verträge mit Verbrauchern, die bereits bei vielen Rechtsgeschäften besondere Schutzrechte genießen. Doch wer ist eigentlich Verbraucher im Sinne des Gesetzes? Nach § 13 BGB sind Verbraucher alle natürlichen Personen, die Rechtsgeschäfte abschließen, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Das sind in der Praxis zunächst alle diejenigen Personen, die für sich selbst privat bauen.

Personen, die in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit einen Architekten beauftragen, sind dagegen Unternehmer. Schwierig sind im Einzelfall diejenigen Fälle, in denen sich Verbraucher- und Unternehmereigenschaft mischen. Dies kann zu Abgrenzungsproblemen führen – zum Beispiel bei Rechtsanwälten oder anderen Freiberuflern, die auch geschäftliche Räume in die privaten Wohnbauten integrieren. Maßgeblich ist jeweils, welchen Anteil der unternehmerische Teil an dem Rechtsgeschäft umfasst. Überwiegt die private Nutzung, dürfte im Regelfall von einer Stellung als Verbraucher auszugehen sein.

Worüber muss informiert werden?

Für geplante Verträge mit Verbrauchern besteht nunmehr eine grundsätzliche Pflicht, diese vorab über das Büro und die von dem Büro angebotenen Dienstleistungen allgemein zu informieren. Dies umfasst selbstverständlich auch sämtliche Kontaktdaten des Büros.

Darüber hinaus bedarf es einer Information über den Umfang des voraussichtlichen Honorars sowie die Zahlungs- und Leistungsbedingungen. Bei Architekten-Gesellschaften ist zusätzlich die Angabe der Rechtsform notwendig. Diese Informationen müssen dem Verbraucher bereits vor Vertragsschluss in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung gestellt werden.

Vorsicht beim Vertragsabschluss außerhalb des Büros!

Besonderen Schutz genießen vor allem solche Verträge, die außerhalb der Geschäftsräume des Auftragnehmers geschlossen werden. Im Sinne des Verbraucherschutzes ist der Begriff „Geschäftsraum“ sicherlich eng zu umfassen. Geschäftsräume des Architekten können nur solche sein, die von ihm dauerhaft unterhalten werden. Aber auch Messestände können als „sonstige Diensträume“ dazugehören. Wird dagegen der Vertrag auf der Baustelle oder in den privaten Räumen eines Bauherrn geschlossen, geschieht dies sicherlich außerhalb der Geschäftsräume des Architekten. Dasselbe gilt nach § 312 b BGB für Verträge, zu denen ein Verbraucher bei beiderseitiger Anwesenheit der Vertragsparteien außerhalb der Geschäftsräume ein Angebot abgegeben hat. Verträge, die bei körperlicher Anwesenheit beider Parteien mit Mitteln der Fernkommunikation geschlossen werden, also zum Beispiel per E-Mail, unterliegen ebenfalls nicht den erweiterten Informationspflichten; Ausnahme auch hier: Der ­Verbraucher wurde unmittelbar zuvor im Hinblick auf eine Zusammenarbeit angesprochen.

Bei solchen Verträgen ist zudem über etwaige Sicherungsmöglichkeiten zu informieren, etwa ob von der Möglichkeit einer Sicherungshypothek Gebrauch gemacht werden kann. Weiter muss darauf hingewiesen werden, dass Streitigkeiten von Schlichtungsausschüssen beigelegt werden können, die von den Architektenkammern eingerichtet sind. Ebenfalls muss über mögliche Beschwerdestellen informiert werden, die im Fall von Verstößen gegen die Berufspflichten zu kontaktieren wären.

Diese Pflichtinformationen müssen Verbrauchern in Papierform zur Verfügung gestellt werden, bevor sie den eigentlichen Architektenvertrag unterzeichnen. Dringend zu empfehlen ist es, den Erhalt dieser Informationen vom Auftraggeber mit Unterschrift bestätigen zu lassen.

Wann Bauherren den Vertrag widerrufen können

Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge können binnen 14 Tagen durch einen privaten Auftraggeber widerrufen werden. Über dieses Widerrufsrecht muss der potenzielle Auftraggeber unbedingt in Textform belehrt werden. Die Anwendung dürfte in der Praxis durchaus problematisch sein. Damit auch im Fall eines Widerrufs bereits erbrachte Leistungen abgerechnet werden können, muss der Architekt zum sofortigen Beginn der Planung explizit aufgefordert worden sein.

Unter den Informationspflichten des Architekten kommt dem Hinweis auf das Widerrufsrecht besondere Bedeutung zu. Der Verbraucher muss über die grundsätzliche Möglichkeit des Widerrufs informiert werden. Unterlässt der Architekt bei einem außerhalb der Geschäftsräume geschlossenen Vertrag diesen Hinweis auf die Widerrufsmöglichkeit, dann kann der Verbraucher sein Widerrufsrecht bis zu zwölf Monate plus 14 Tage nach Vertragsschluss ausüben. Im Ergebnis droht damit sogar bis kurz vor der eigentlichen Beendigung der Planungsleistungen ein Widerruf des Vertrages mit der möglichen Konsequenz, dass für die bis dahin erbrachten Leistungen kein Honorar verlangt werden kann.

Tipps für die Praxis: Informationsmaterial der Kammern

Zur Vorbeugung empfiehlt sich dringend, sämtliche Architektenverträge nur innerhalb des eigenen Büros zu schließen.

Um den neuen Anforderungen in jedem Fall zu entsprechen, wird bei Verträgen mit Verbrauchern dringend empfohlen, immer die strengeren Vorgaben der „besonderen Informationspflichten“ zu erfüllen – ohne Unterscheidung zwischen Verträgen, die außerhalb oder innerhalb von Geschäftsräumen unterzeichnet werden.

Die Architektenkammern des Bundes und der Länder haben zum Thema umfangreiches Informationsmaterial erarbeitet. Es umfasst ein Merkblatt zur Umsetzung der neuen Informationspflichten sowie Hinweise auf einen eigenen Passus als Ergänzung der Architektenverträge für den Fall, dass sie nur außerhalb der Geschäftsräume des Architekten geschlossen werden kann. Der Passus enthält eine Belehrung über das Widerrufsrecht. Das Informationsmaterial kann ab Mitte Juni bei den Architektenkammern angefordert werden.

Die Praxis muss sich einspielen

Noch ist völlig offen, wie die Praxis sich auf die neuen Regelungen einrichtet. Fest steht, dass nun bereits bei der Anbahnung eines Architektenvertrages mit Verbrauchern Formerfordernisse zu beachten sind. Es werden sich ähnliche Gewohnheiten einspielen müssen wie bei der Begründung eines Mandatsverhältnisses mit einem Rechtsanwalt. Dort werden bereits im Vorfeld einer vertraglichen Beziehung die Eckpunkte der künftigen Zusammenarbeit unmissverständlich festgehalten.

Im Hinblick auf die Rechtssicherheit und die auch für den eigentlichen Architektenvertrag notwendige und sinnvolle Schriftform sind die neuen Regelungen als durchaus geeignet anzusehen. Aber es gibt einen Widerspruch: Es darf unterstellt werden, dass der Verbraucher sich mit dem Vertrag vor dem Abschluss gründlich beschäftigt hat. Trotzdem wird der Abschluss nun der aus dem Internet und Vertragsschlüssen mittels moderner Datenkommunikation bekannten Rechtspraxis gleichgestellt. Dabei ist die Realisierung eines Bauvorhabens doch etwas anderes als der Abschluss eines Mobilfunkvertrages.

Fabian Blomeyer ist stellvertretender Vorsitzender des BAK-Rechtsausschusses und Rechtsanwalt in Schäftlarn

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