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[ Zeithonorare ]

Gründlich rechnen

Zeithonorare sind in der neuen HOAI nicht mehr geregelt. Das zwingt zur professionellen Kalkulation von Stundensätzen

Von Axel Plankemann

Die HOAI-Novelle von 2009 trennt konsequent Leistungen, deren Preise weiterhin geregelt sind, von Leistungen, für deren Honorierung keine Vorschriften und Vorgaben existieren. Verordnete Honorare mit verbindlichen Höchst- und Mindestsätzen sind beschränkt auf die verbliebenen Leistungsbilder in den Teilen 2 bis 4 der HOAI (das regelt § 3 Abs. 1 HOAI).

Innerhalb der Leistungsbilder selbst sind nur noch jene Leistungen verpreist, „die zur Erfüllung eines Auftrages im Allgemeinen erforderlich sind“ (vgl. § 3 Abs. 2 HOAI). Dies sind nach der Begrifflichkeit der früheren HOAI die jeweiligen „Grundleistungen“, die in der neuen HOAI als „Leistungen“ in die angehängten Anlagen verschoben worden sind, zum Beispiel als Anlange 11 für Gebäude, raumbildende Ausbauten und Freianlagen. Durch die Re­duzierung des Anwendungsbereichs auf die verbliebenen Planungsleistungen sollen gemäß amtlicher Begründung Freiräume und Flexibilität für die Vertragsgestaltung geschaffen werden.

Der Bereich der Leistungen, für die es somit keinerlei verbindliche Honorarvorgaben gibt, hat sich also beträchtlich erweitert. Hierzu zählen insbesondere auch die ehemals „besonderen Leistungen“, die jetzt nachrichtlich, nicht abschließend und ohne direkten honorarrechtlichen Bezug in Anlage 2 aufgeführt sind.

Weiterer Freiraum für die Honorargestaltung ergibt sich aus dem Umstand, dass der Verordnungsgeber die Stundensatzregelung komplett und ersatzlos gestrichen hat – mit der Folge, dass jedes nach Zeitaufwand berechenbare Honorar nun frei zu vereinbaren ist. Diese „neue Freiheit“ hat zunächst eine Reihe von insbesondere öffentlichen Bauherren auf den Plan gerufen, die versuchen, durch „Empfehlungen“ den entstandenen Freiraum wieder zu schließen. Der erste Vorschlag kam von prominenter Stelle, nämlich vom Bundesbauministerium selbst. Im Einführungserlass, der einen Tag nach Inkrafttreten der HOAI an die nachgeordneten Ämter versandt wurde, wird eine Erhöhung der bisherigen Stundensätze um zehn Prozent als möglich erachtet. Gleiches propagiert der Bayerische Kommunale Prüfungsverband, der allerdings in einer Einführung zur HOAI auch eine Erhöhung der Stundensätze um 20 Prozent für denkbar hält und sich dabei auf die durch den amtlichen Verbraucherpreisindex nachgewiesenen Preissteigerungen bezieht. Knapp darunter liegen die Werte („Regelsätze“) der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg vom August 2009.

Die Auftraggeberseite ist von Bauherren­interessen geprägt. Wesentlich höhere Stundensätze haben schon die Verfasser des 2001 vom Bundeswirtschaftsministerium selbst in Auftrag gegebenen Statusberichts „2000plus Architekten/Ingenieure“ vorgeschlagen. Für Büroinhaber wurden bereits damals Stundensätze bis 140 Euro für angemessen und notwendig gehalten, für leitende Angestellte bis 120 Euro. Statt diese Sätze in die HOAI zu übernehmen, strich allerdings das Ministerium die Stundensatzregelung komplett.

Neben den Vorschlägen für pauschale oder prozentuale Erhöhungen sind auch verschiedentlich mehr oder weniger differenzierte Berechnungsmethoden für Stundensätze ins ­Gespräch gebracht worden. Zu erwähnen ist hier eine Formel, entwickelt vom AHO, dem Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung. ­Ausgangspunkt ist der Ansatz des Bruttogehalts des Projektleiters. Der Versuch einer individuellen Stundensatzberechnung wird mit weiteren Parametern unternommen, etwa Unternehmerbedarf, Gemeinkostenzuschlag, gestaffelt nach Anzahl der Mitarbeiter eines Büros, aufgewandtem Arbeitseinsatz und Regelarbeitszeit.

Komplizierter und komplexer ist die von Rechtsanwalt Siegburg entwickelte Berechnungsmethode. Anhand einer Punktebewertungsmatrix sollen nicht konsensfähige Vorgaben einzelner Interessengruppen überwunden werden. Vergleichbar mit der Ermittlung der Honorarzonen sollen fünf Kriterien für die Ermittlung des Stundensatzes ausschlaggebend sein: die Spezialisierung des Beraters, die Schwierigkeit der Aufgabe, der Grad der schöpferischen Leistung, die Berufserfahrung und Leistungsfähigkeit und das Renommee des Auftragnehmers. Nach dieser Methode würde die Spanne der Vereinbarungsmöglichkeit 75 bis 300 Euro pro Stunde betragen.

Eigene Stundensätze ermitteln

Alle hier vorgestellten Vorschläge oder Berechnungsmethoden für die Vereinbarung von Stundensätzen entsprechen nicht dem geäußerten Willen des Verordnungsgebers, der gerade in diesem Bereich freie Vereinbarungen sicherstellen wollte. Empfehlungen, Orientierungswerte oder Regelsätze von nachfragestarken, insbesondere staatlichen Auftraggebern, die nicht auf betriebswirtschaftlichen Untersuchungen basieren und sich dann in der Praxis kaum mehr als verhandlungsfähig erweisen, sind ebenso wenig hilfreich wie Berechnungsmethoden, die zu kompliziert sind, als dass sie von Auftragnehmern durchschaut und akzeptiert würden.

Durch die Streichung der Stundensatzregelung wollte der Verordnungsgeber mehr Preiswettbewerb schaffen. Eine Ablösung oder ein Ersatz durch Empfehlungen nachfragestarker Auftraggeber war weder beabsichtigt noch gewollt. Ziel war es vielmehr, den Auftragnehmern die Möglichkeit zu geben, seinen Stundensatz so zu ermitteln und dem Auftraggeber anzubieten, dass damit sämtliche Kosten des Büros einschließlich eines angemessenen Wagnis- und Gewinnzuschlags bei einer auf ein bestimmtes Projekt bezogenen Tätigkeit gedeckt werden können. Klar ist, dass sich die dabei maßgeblichen Parameter höchst unterschiedlich darstellen werden, abhängig vom Projekt und der damit für den Architekten verbundenen Aufgabenstellung und Leistungspflicht.

Einheitliche Bürosätze fixieren

Hält man diese Vorgaben für zutreffend, stellt sich die Frage, ob ein Festhalten an einer Unterteilung von Zeithonoraren nach Inhaber und Mitarbeiter (mit Berücksichtigung von unterschiedlichen Mitarbeiterqualifikationen) tatsächlich noch praktikabel ist. Die Architektenleistung ist unbestritten so komplex geworden, dass sie kaum noch von einer Einzelperson erbracht werden kann. Sie ist auch aus der Sicht der Auftraggeber und deren Erwartungen längst zur Teamleistung geworden. Es liegt also nahe, das nach Aufwand zu berechnende Honorar auch entsprechend dem Teamaufwand einheitlich zu kalkulieren und anzubieten.

Diese Überlegungen sollten dazu führen, dass anstelle der bisherigen Kleinteiligkeit künftig dem Bauherrn ein einheitlicher Bürostundensatz als kalkulierter Durchschnittswert aller für den Bauherrn zu erbringenden Leistungen angeboten wird. Die Spanne für die Kalkulation dieses Wertes ist erheblich. Neben den Spezifika des konkreten Projekts wird sie von der kreativen Entwurfsleistung des Inhabers bis zur notwendigen Sekretariatsarbeit reichen. Aufgrund der Vereinfachung bei der Abrechnung und der erhöhten Transparenz sind bei der Einführung eines einheitlichen Bürostundensatzes kaum Akzeptanzprobleme zu befürchten. Bestätigt wird diese Annahme durch vergleichbare Entwicklungen in anderen Berufen, die ähnlich schwierig zu kalkulierende „Produkte“ anbieten. Rechtsanwälte haben ebenfalls geregelte Stundensätze verloren; eine Abrechnung nach Bürostundensätzen bei Anwälten ist mittlerweile längst von Mandantenseite akzeptierter Standard. Die Entwickler von Software und viele andere kalkulieren von jeher frei; ihre Kunden akzeptieren die Kalkulation nach Manntagen.

Auch das Leistungsangebot des Architekten, soweit es nicht dem verpreisten Bereich der HOAI zugeordnet ist, eignet sich besonders für eine globale, den gesamten Büroeinsatz berücksichtigende Kalkulation. Hieran kann kein ernsthafter Zweifel bestehen. Da diese Kalkulation auch dem Auftraggeber gegenüber offengelegt, zumindest aber erläutert werden kann, wird der anbietende Architekt eher Akzeptanz für den angebotenen Satz finden, als wenn er auf von Dritten empfohlene Stundensätze verweist.

Kostenstruktur des Büros errechnen

Architekten sind also in hohem Maße gefordert – und zwar in mehrfacher Hinsicht: Zunächst muss erkannt werden, welche Leistungen einer freien Honorarvereinbarung bedürfen. Sodann müssen mit dem Auftraggeber entsprechende Verhandlungen geführt, Leistungsumfang, Leistungsinhalt und Honorar verhandelt und vereinbart werden. Um den wirtschaftlichen Erfolg sicherzustellen, ist es erforderlich, dass der Architekt nach betriebswirtschaftlichen Methoden die Kostenstruktur seines Büros ermittelt hat und für ein konkret anstehendes Projekt genügend Grundlagen für eine Kalkulation von Aufwand und Honorarbedarf besitzt. Ohne entsprechende Kenntnisse und Vorarbeiten ist schwer vorstellbar, dass es auf Dauer gelingt, die erforderlichen vertraglichen Vereinbarungen, insbesondere in betriebswirtschaftlicher Hinsicht, sachgerecht zu treffen. Auch das bloße Vertrauen auf Empfehlungen öffentlicher Auftraggeber kann sich im Einzelfall als trügerisch erweisen.

Abgesehen von der Frage der Auskömmlichkeit darf dabei nicht übersehen werden, dass der Auftragnehmer hier im unmittelbaren Preiswettbewerb zu anderen Anbietern steht. Soll dieser Preiswettbewerb nicht zulasten der Architekten entschieden werden, muss er in der Lage sein, den von ihm angebotenen Stunden- oder Bürosatz zu erläutern und qualitativ zu verteidigen. Erkennt der Bauherr aufgrund der Erläuterungen des Architekten die Wertigkeit der Leistung und zugleich auch die Vorteile, die ihm daraus entstehen, werden vermutlich ebenso wie bei anderen Freiberuflern betriebswirtschaftlich vernünftige und leistungsgerechte Honorarsätze im Bereich der freien Vereinbarung Akzeptanz finden.

Sich nicht den Auftraggebern ausliefern

Die Chancen, die durch die neue Freiheit bei der Vertragsgestaltung und Honorarvereinbarung eröffnet sind, werden nur dann wahrgenommen werden können, wenn sich Auftraggeber und Auftragnehmer dieser vom Gesetzgeber gewollten Wettbewerbssituation stellen und die Architekten sich durch Qualifikation und Kenntnisse auch im betriebswirtschaftlichen Bereich als kompetente Verhandlungs- und Vertragspartner zeigen.

Die Freiheit würde zum Zwang und dementsprechend zu wirtschaftlichen Nachteilen führen, wenn sich der Auftragnehmer den Honorarvorgaben der Auftraggeberseite im nicht verpreisten Bereich ausliefern würde oder sich in ruinöse Preiswettbewerbe treiben ließe. Wo es keine vertraglichen Vereinbarungen gibt, werden zwar möglicherweise Gerichte in naher Zukunft in Urteilen einen Rahmen für Zeithonorare setzen, der dann als übliche Vergütung angesehen werden kann. Doch das sollten Architekten nicht abwarten.

Axel Plankemann ist Rechtsanwalt in Hannover.

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